Roter Teppich all inklusiv

24.11.25, 08:43
  • OKJA
Julia Schmitz
2025_11_24_Vorpremiere

Exklusive Limousinen, ein roter Teppich, Fotograf*innen, Plakate und unglaublich viel Applaus. Ein Empfang mit ganz viel Hollywood-Vibes gab es für die Schauspieler*innen, Produzent*innen und alle Mitwirkenden bei der internen Premiere des inklusiven Kinofilms „Pipapo und Sowieso“. Sonne, Kleider, Akteur*inne und deren Freunde und Familien strahlten um die Wette. Ein ganz besonderer Tag für die Menschen, die seit über zwei Jahren auf diesen Tag hingearbeitet haben. Ein sichtbares, ein buntes Zeichen für Inklusion. Darüber freuten sich auch Thomas Isop-Sander, Geschäftsführer der Katholischen Jugendagentur Düsseldorf (KJA) und Bürgermeister der Stadt Neuss Reiner Breuer, der schon den Neusser Walk of Fame vor Augen hat.

Im Juni 2023 fand die Premiere des gleichnamigen Theaterstückes anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des inklusiven Ensembles „Perfekt ist soooo langweilig“ in der offenen Kinder- und Jugendeinrichtung „Das Haus“ der KJA statt. Damals schon Standing Ovations und viel positives Feedback für das ergreifende Theaterstück um die beiden Familien Pipapo und Sowieso mit ihrem alltäglichen Familienwahnsinn. Die Geschichte zweier Familien, die mit dem Verlust eines Elternteils, Patchwork, Mobbing, K.O.-Tropfen, Helikoptereltern und fehlender Kommunikation zu kämpfen haben. Und die Lösung? Vielleicht das Team der JUBSIT (Jugendberatungsstelle in Town), die Sozialarbeitenden, die im Film keinem Klischee entkommen? Regisseurin und Autorin Barbara Reimer schafft es, diese ernsten und aktuellen Themen überspitzt mit wahnsinnig viel Witz, unterhaltend und gleichzeitig mit dem nötigen Tiefgang darzustellen, sodass man nicht nur zum Nachdenken angeregt, sondern geradezu genötigt wird. Bei der Recherche zum Stück durfte das Ensemble die Mitarbeitenden der „echten“ Jugendberatungsstelle Neuss (JUBS) zu ihrer Arbeit befragen.

Herzhaftes Lachen im ganzen Kinosaal, wenn die Emotionen der Protagonist*innen in Form von Schauspieler*innen in Catsuits vor animiertem Hintergrund Verliebtsein oder auch Brechreiz darstellen.

Die Rollen scheinen den jungen Schauspieler*innen zwischen 10 und 26 Jahren mit und ohne Beeinträchtigungen nicht nur auf den Leib geschnitten zu sein, sondern sind es auch. Handlung und Rollen wurden partizipativ mit den jungen Menschen entwickelt und an der Lebenswelt junger Menschen ausgerichtet.

Und dabei geht es nicht darum, Defizite der Schauspieler*innen zum Thema zu machen, sondern ganz im Gegenteil, dass alle auf Augenhöhe agieren. Wer jetzt aber denkt, es handelt sich um ein bisschen spaßiges Theaterspiel, irrt sich. Barbara Reimer (künstlerische Leitung, Autorin und Regisseurin) und Victoria Dahm (organisatorische Leitung und Inklusionsbeauftragte des Projektes, Darstellerin), arbeiten professionell, mir viel Engagement und Kompetenz mit dem diversen Ensemble zusammen.

Das betont auch Antje Wiedemuth, die nicht nur durch die Premiere führt, sondern deren Sohn Julius die Rolle des Paul Pipapos spielt. Mit dem Theaterensemble hat der mittlerweile 18-Jährige vor 4 Jahren ein ganz wertvolles Hobby für sich gefunden.

 „Wir sehen in der Filmkunst ein wesentliches Werkzeug, um Veränderungen herbeizuführen und ein Bewusstsein für Vielfalt zu schaffen. Inklusive Filme können nicht nur unterhaltsam sein, sondern auch Bildungsarbeit leisten, Empathie fördern und zum gesellschaftlichen Diskurs beitragen“, betont Victoria Dahm.

All inklusive – das waren nicht nur die Schlussworte des Films zum Buffet, sondern ein Statement für die inklusive Jugendarbeit, für die dieser Film steht.

Nach dem Film, stehende Ovationen im Kino, ein begeistertes Publikum und ein Ensemble und Filmteam, das wahnsinnig stolz auf sich sein kann. Neben den Geldgeber*innen, Unterstützer*innen und Mitwirkenden dankt Barbara Reimer auch denen, die dieses Projekt für zu verrückt, für unmöglich gehalten haben. Denn das Gegenteil zu beweisen, hat nochmal ganz besonders motiviert.

Ob es einen weiteren Film des Ensembles gibt? „Nur, wenn uns Jemand ein ganz großes Budget zur Verfügung stellt!“, lacht Barbara Reimer. Ein neues Theaterstück ist aber schon in der Entstehung.

Die gesamte Produktion sowie Postproduktion, zu der auch die Umsetzung der Barrierefreiheit mit Audiodeskription und Untertitelung gehört, wurden mit nur 59 000 Euro umgesetzt. Finanziert wurde das Projekt durch die Targo-Bank Düsseldorf (Filmfinanzierung) und die Werhahn-Stiftung (Filmfinanzierung) sowie durch IGLL e.V. (Finanzierung der Barrierefreiheit des Films). Letztendlich ermöglichte auch die professionelle Filmcrew, der Film-Musiker Tobi Flaskamp und insbesondere Leonard Graf (Gleichberg Pictures), der in der Postproduktion den Film vollendete, die erfolgreiche Durchführung: „Am Modell“ von Dahm und Reimer arbeiteten alle zusammen weit über die vereinbarten Dienstzeiten für kleinste Gagen. Die KJA Düsseldorf übernahm den administrativen Aufwand, was bei einem Unterfangen dieser Größenordnung „Gold wert ist“!

Da der Film nach der internen Premiere noch weiter in den Bereichen „Sound“ und „Color Grading“ bearbeitet / finalisiert wird, um dann bei Filmfestivals eingereicht zu werden, steht er aktuell für die Öffentlichkeit noch nicht zur Verfügung.

Bilder: Thorsten Rudolf